1-2017

H eute bedrohen nun nicht mehr die großen deut- schen Industriekonglomerate den Wettbewerb, sondern längst haben andere Kräfte tief greifenden Einfluss erlangt: Die Globalisierung und die Digitalisierung der Märkte. Und die wahren Treiber dieser Entwicklung sind Kapital und Daten. In der Kontrolle von Marktmacht legt unser Kartellrecht Marktanteile in Form von Umsatz fest, ebenso in der Fusionskontrolle. Die schwersten Stö- rungen des Marktes kamen nun aber von Unternehmen unter anderen Kriterien: Die Banken mit dem Merkmal »systemrelevant« wurden staatlich gerettet, um die Kolla- teralschäden einer Marktbereinigung zu vermeiden. Und in der digitalisierten Welt zeigt sich, dass Daten eine oft nicht in Umsatz zu messende Informationsmacht darstellen, die den Wettbewerb massiv einschränken kann. Wenn fast alle Schreibtische mit Microsoft Programmen arbeiten und mit Google recherchieren, schafft dies monopolartige ein- seitige Wettbewerbsvorteile. Wenn die Produktwelt eines Anbieters dann auch noch eine umfassende funktionale Umgebung in Form von Plattformen, Produktkombinatio­ nen, Servicepaketen und exklusiven Zugängen schafft, kann sich der Nutzer aus einem solchen digitalen Biotop kaum noch lösen – es gibt keinen Wettbewerb und keine Alternativen mehr, sondern einseitige Abhängigkeit. Eine solche Gefahr trifft natürlich in der digitalen Wirtschaft nicht nur Verbraucher, sondern besonders Unternehmen. Wie kann ein Lieferant unter Industrie 4.0 eigene Techno- logien entwickeln, wenn er etwa auf eine fremde Daten- plattform gezwungen wird? Und wie kann er seine Spiel- räume und seinen Wettbewerbsvorteil erhalten, wenn er in der Lieferkette von den Datenkonzernen oder mächtigen Abnehmern faktisch gezwungen wird, seine Daten aus Be- trieb und Produkten preiszugeben? Ulrich Herfurth, Geschäftsführender Gesellschafter der Herfurth & Partner Rechtsanwaltsgesellschaft in Hannover war lange als Landesvorsitzender in Niedersachsen engagiert und ist nun Vorsitzender der neuen Kommission für Wettbewerbs- und Wirtschaftsrecht. A uch im Wirtschaftsrecht darf so manches in Frage gestellt werden: Warum werden deutsche Unter- nehmen im internationalen Geschäft benachteiligt, zum Beispiel bei vertraglichen Haftungsbeschränkungen? Müssen wir wirklich amerikanische Konzerne durch deut- sches AGB-Recht schützen? Und warum gibt es eigent- lich keine echte Personengesellschaft mit beschränkter Haftung, sondern nur die Marionettenfigur der umständ­ lichen GmbH&Co. KG? S chließlich ist das Technologierecht in Deutschland ein maßgeblicher wettbewerblicher Faktor. Das Recht an Daten, das Recht zur Biotechnologie, die gewerberechtlichen Bedingungen für Betriebsstätten für Entwicklung und Produktion – bis hin zu Finanzierungsbe- dingungen für technologiegetriebene Start-ups entschei- den, ob neue oder etablierte Familienunternehmen ihre Zukunft im Land sehen. Ein Recht auf fairen Wettbewerb! ULRICH HERFURTH, GESCHÄFTSFÜHRENDER GESELLSCHAFTER DER HERFURTH & PARTNER RECHTSANWALTSGESELLSCHAFT Die Kontaktdaten der Kommission für Wettbewerbs- und Wirtschaftsrecht finden Sie unter: www.familienunternehmer.eu/kommissionen 50 Perspektiven

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