1-2020

Wettbewerbsvorteil Digitalisierung TIM HUFERMANN (KLUB DER GRÜNDER) ÜBER DAS MUSTERBEISPIEL ESTLAND Dorothee Bär, Staatsministerin im Bundeskanzleramt für Digitali­ sierung, kann es nicht mehr hören. Sie hat deshalb ein Phrasen- schwein in ihrem Büro aufgestellt und jeder Gast, der das Land als Musterbeispiel in den Mund nimmt, muss blechen. Es geht um das kleine Estland, das mit seinen 1,3 Millionen Menschen und seiner Fläche so groß wie Niedersachsen, immer herangezogen wird, wenn man Europas digitalen Trendsetter sucht. Bereits in den 90er Jahren erkannten die Politiker in Estland die Bedeutung der Digitalisierung und begannen, das Prinzip der digitalen Gesellschaft umzusetzen – und dabei die Bevölkerung aktiv mitzunehmen. Mutige Strategen, wie Toomas Hendrik Ilves, der von 2006 bis 2016 Präsident der Republik war, stellten die Weichen für das digitale Wunderland. Mittlerweile ist »e-Estonia« global viel beachtet. I n Estland zählt das Internet quasi zum Grundrecht. 99 Prozent der Behördengänge gehen digital – bei- spielsweise um den Wohnsitz umzumelden, die Schul- noten der Kinder zu kontrollieren oder ein Unternehmen anzumelden. Lediglich bei der eigenen Hochzeit und beim Hauskauf muss man physisch anwesend sein. Während die Deutschen durchschnittlich 117 Millionen Stunden pro Jahr unproduktiv in Wartezimmern von Be- hörden und Ämtern verbringen, werden in Estland büro- kratische Angelegenheiten mit nur wenigen Klicks, ohne Warteschlangen, ganz einfach online erledigt. W as »e-Estonia« so besonders macht, habe ich mir im Rahmen einer Innovationsreise des Verbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER ein- mal selbst angeschaut. In der estnischen Hauptstadt Tallin besuchten wir verschiedene Unternehmen – vom deutschen Mittelständler Karl Storz – führender Hersteller in der Endoskopie – bis hin zu estnischen Vorreitern wie das Technologieunternehmen Nortal. Auch öffentliche Einrichtungen wie das NATO Cyber Security Center und das estnische Ministerium für Wirtschaft und Kommuni- kation waren Stationen auf der Innovationsreise. 8 Klubleben

RkJQdWJsaXNoZXIy NTM2MTY=