1-2019

»Familie und das ganze Gedöns.« W enn man in der Politik über Familie redet, ist das berühmte Zitat von Gerhard Schröder nicht weit. Vor gut 20 Jahren kürzte der da- mals gerade ins Amt gewählte Kanzler auf diese Weise das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ab. Vielleicht war es bloß Zerstreutheit vom frischgebackenen Bundeskanzler. Möglicherweise blitz- te da aber auch auf, dass ihm Familienpolitik egal war. In jedem Fall war es ein Fauxpas, den sich Politiker heutzutage nicht mehr leisten können. Dafür ist das Thema zu bedeutend für unsere Gesellschaft. I n den letzten Jahren hat die Betreuungsfrage die De- batten in der Familienpolitik dominiert. Zurecht, denn sie ist der Schlüssel, um Fachkräfte aus zwei Genera- tionen zu gewinnen. Eltern brauchen eine flexible und umfassende Betreuung für ihren Nachwuchs, um neben der Kindererziehung weiter arbeiten gehen zu können. Gleichzeitig ist die Qualität der Betreuung wichtig. Hier wird der Grundstein für die Ausbildung der Fachkräfte von morgen gelegt! Und nicht zuletzt sind auch die Be- treuungskosten ein Faktor, der für die frischgebackenen Eltern nicht ganz unwichtig ist. W as ist aber wichtiger, Betreuung qualitativ auf- werten oder aber die Kita-Beiträge senken oder gar abschaffen? Auf der einen Seite möchten Eltern ihre Kinder jederzeit gut aufgehoben wissen. Bei der Qualität sind es beispielsweise der Be- treuungsschlüssel und bei der Flexibilität unter anderem die Öffnungszeiten, die sich noch verbessern müssen. Aber Eltern wollen auch nicht nur arbeiten gehen, um die Kita zu bezahlen. Hohe Kitabeiträge untergraben die Motivation junger Eltern, schnell wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. Gehen wir davon aus, dass auch eine Kita eine Bildungseinrichtung ist, müssen wir uns fragen, warum hier Beiträge fällig werden. Schule und Studium sind schließlich auch gebührenfrei, um zukünftige Fach- kräfte optimal auszubilden. Dass Deutschland bei der Kita-Finanzierung einem Flickenteppich gleicht, geht auch aufs Konto der Politik. Seit Jahren feilschen Bund und Länder um jeden Euro. Die Länder wollen ihre Autonomie bewahren, aber sich gleichzeitig ein großes Stück vom Bundeshaushalt für ihre Betreuungsangebote sichern. Demgegenüber möch- te der Bund bei seiner Finanzierung ein genaues Auge darauf werfen, ob die Länder das Geld wirklich in die Ki- tas stecken. Leidtragende der Politik sind die jungen Fa- milien. Einige Landesregierungen haben die Beitragsfrei- heit der Kita trotzdem umgesetzt. Ein Vorbild? Legt man Qualitätsmaßstäbe an, nicht unbedingt. Denn dann fällt auf, dass Länder mit beitragsfreier Kita auch diejenigen mit der schlechtesten Betreuungsqualität sind. E ine Lösung liegt trotz der verfahrenen Gesamt­ situation auf der Hand. Wir übertragen die Hoheit über die Mittelverwendung der bestmöglichen Kontrollinstanz – den Eltern. In Form von Gutscheinen könnten die Eltern entscheiden, was das Beste für ihre Kinder ist. Die Kitas wiederum könnten sich die Gut- scheine dann vom Bund auszahlen lassen. Nicht mehr Bürokraten, sondern direkt Betroffene könnten dann durch ihre Kitawahl bestimmen, welche Öffnungszeiten, welche Bildungsangebote und Betreuungskonzepte die richtigen sind. Dann können sich diejenigen Kitas durch- setzen, die im Wettbewerb diesen Bedürfnissen am bes- ten entsprechen. Freilich brauchen sie dafür genügend rechtlichen Gestaltungsspielraum. E ltern beziehungsweise Arbeitnehmer tragen ihre Wünsche durch ihre Nachfrage an die Anbieter. Bildungseinrichtungen haben die Freiheit, sich den Nachfragern, also konkret den Eltern, anzupassen und können so bedarfsgerechtere Optionen für Kinder und Eltern schaffen. Das ist die Kombination, die gute Familienpolitik ausmacht. www.familienunternehmer.eu/positionspapier_ unternehmer_fuer_familien.pdf Wir Familienunternehmer 1—2019 51 Perspektiven

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